Hypokaustenofen – Renaissance der Antike
Jens TruogDer Begriff Hypokaustenofen mag zunächst altbacken erscheinen und man denkt vielleicht eher an einen Kachelofen. Vom Grundofen bis zum Speicherofen greifen viele moderne Ausführungen der Feuerungstechnik auf das Konzept Hypokaustenofen zurück. Die Idee dazu reicht bis ins antike Rom zurück. Grund genug, sich diese Heiztechnik der Römer einmal genauer anzuschauen.
Haben die Römer die Fußbodenheizung erfunden?
Es ist allgemein bekannt, dass die Römer öffentliche Bäder hatten. Diese wurden mit gigantischen Öfen beheizt, welche wir als Hypokauste oder Hyperkaustum kennen. Dabei werden massive Wärmespeicher aus Stein und Kacheln erwärmt, die dann wiederum die Räume des Bades erhitzen. Aber nicht nur in Thermen, sondern auch in militärischen Gebäuden und vornehmlich Residenzen hoher Amts- und Würdenträger fand die Technik Anwendung. Da es aber unglaublich aufwendig war, diese Art der Beheizung zu betreiben, gab es diesen Luxus meist nur in einzelnen Räumen oder öffentlichen Einrichtungen. Nur wer reich war, konnte sich eine eigene Anlage leisten. Das hat auch mit dem massiven Holzverbrauch zu tun.
Wie funktioniert ein Hypokaustum?
Der lateinische Begriff hypocaustum bedeutet frei übersetzt so viel wie „von untern befeuert“ und beschreibt das Funktionsprinzip der Hypkaustenheizung genau. Um ein Gebäude zu erwärmen, wurde dafür ein Kaminfeuer in einem Keller entzündet. Dort waren in genauen Abständen Türme aus Ziegelstein aufgestellt, auf denen eine Unterdecke und schließlich der tragende Fußboden und Estrich aufgebracht wurden. So konnte die Hitze des Feuers frei unter dem Boden zirkulieren. Über Rohre aus Ton in den Wänden konnten die Römer die Wärme auch im Haus oder in der Therme verteilen. Freilich beruht dieses System primär darauf, Wände und Böden als „Heizkörper“ zu nutzen. Das war entsprechend ressourcenraubend. Es konnte Tage dauern, bis ein Gebäude durchgewärmt war. Wenn es dann aber so weit war, konnte man oft nur geschützt in erwärmten Räumen laufen, denn die Temperatur ließ sich nicht steuern. Wer im Sommer schon mal ohne Schuhe auf Asphalt gelaufen ist, weiß, was das bedeuten kann. Dafür hat man aber gezeigt, was man hatte: Nach dem Motto „Wenn schon, denn schon“ wiesen viele Bodenheizungen prachtvolle Mosaike und Verzierungen auf, wie man sie auch bei Ofenkacheln im ausgehenden Mittelalter finden konnte.
Wie sieht ein Hypokaustenofen heutzutage aus?
Wer nun denkt, dass ein Hypokaustenofen und ein Kachelofen sich in der Funktionsweise ähneln, der liegt nicht falsch. Lassen Sie sich aber nicht täuschen: Die beiden Begriffe sind mitnichten Synonyme. Bei einer Hypokauste wird die Wärme des Feuerraums nicht einfach über den Schornstein nach draußen befördert, sondern in eine Zwischenschicht kanalisiert. Dieser Puffer zwischen Innenraum und Verkleidung führt die warme Luft, sodass diese nach und nach an den Raum abgegeben werden kann. Ein Kachelofen stellt in gewisser Weise die Evolution dieses Prinzips dar. Hier speichert nicht nur das Material der Verkleidung Wärme, sondern eine im Inneren verbaute Speichermasse. Das macht den Betrieb effektiver. Während es stimmt, dass das Wissen um die Hypokauste mit dem Ende des Imperium Romanum verloren ging, lebte ein Teil dieser Tradition dennoch weiter. Die sogenannte Majolka Keramik wird noch heute im Ofenbau verwendet und findet sich bei traditionsbewussten Herstellern wie Dal Zotto. Es wird davon ausgegangen, dass diese Keramik auf die Zeit der Römer zurückgeht und später wiederentdeckt worden ist.
Ein moderner Speicherofen kann durchaus nach diesem Prinzip funktionieren. Dabei geben Feuerraum und angeschlossene Elemente meist aus speicherfähiger Schamotte, ihre Hitze zunächst an einen Zwischenraum ab. Dieser heizt sich auf und gibt die Strahlungswärme an den Raum ab. Auf diese Weise entsteht eine angenehme Wärme und keine bullige Hitze. Auch Verbrennungsgefahr wird so vermieden. Modelle wie der Speicherofen Colona Lite von LEDA setzen meist aber auf Speichermasse, die auf den Feuerraum aufgesetzt wird.
Interessant ist bei einem Hypokaustenofen außerdem, dass die moderne Variante immer noch im unteren Bereich eines Hauses – zum Beispiel im Keller eingebaut wird. Die Wärme steigt dann nach oben und verteilt sich über eine große Oberfläche. Dadurch ist die gesamte Heiztemperatur zwar niedriger, als es bei einem Kamin mit seinem Kamineinsatz der Fall wäre, die abgegebene Wärme fühlt sich aber sehr angenehm an. Im beheizten Raum selbst findet kaum Luftzirkulation statt und dadurch fühlen wir uns besonders wohl.
Bildquellen:
Hypokaustum in Bath (UK) retouched.jpg: Author: Heinz-Josef Lücking: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Hypokaustum_in_Bath_(UK)_retouched.jpg
Römisches bad beirut.JPG: Author Gregor Rom, Wikimedia Commons: https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6misches_Bad_(Beirut)