Wer hat die Solarthermie erfunden und wie sahen die ersten Anlagen aus?
Jens TruogDie Kollektoren der Solarthermieanlagen zieren immer mehr Dächer der Häuslebauer. Denn mit einer Solarthermieanlage auf dem Dach spart man nicht nur Heizkosten, sondern heizt auch umweltfreundlich mit der Kraft der Sonne. Daher gilt sie als der Inbegriff des umweltfreundlichen Heizens. Doch was als hypermoderne Technik scheint, hat mehr Jahre auf den Kollektoren als gedacht. Denn die Solarthermie hat einen langen und manchmal auch steinigen Weg hinter sich, bis Sie zu dem fleißigen Heizungsunterstützer geworden ist, den wir heute kennen. Nun stellt sich uns allerdings die Frage: Wer hat eigentlich die erste Solaranlage erfunden und wie sah diese aus? Kommen Sie mit uns auf eine spannende Spurensuche in die Welt des ökologischen Heizens. Sie werden Überrascht sein!
Seit wann nutzen wir aktiv die Sonne?
Schätzen Sie mal, wie lange die Menschen mit der Kraft der Sonne und ausgeklügelten Systemen schon Wärme gewinnen? Wahrscheinlich sehr viel länger, als Sie vielleicht denken. Denn schon die alten Ägypter, Mesopotamier und sogar die frühen Hochkulturen aus Südamerika nutzten aktiv die Sonne als eine wichtige Energiequelle. So waren beispielsweise Fenster und Türen nach der Sonne ausgerichtet. Kurioserweise gab es hierbei allerdings regionale Unterschiede. Denn während man in den südlichen Ländern die Tür so positionierte, dass sie zur Mittagszeit im Schatten lag, beobachtete der römische Baumeister Vitruv, dass die Gebäude im Norden „nach den warmen Himmelsgegenden ausgerichtet sind“.
Die alten Ägypter nutzten die Sonne sogar noch aktiver und setzten intelligent positionierte Spiegel ein um mit Hilfe des Sonnenlichts dunkle Räume zu erhellen. Durch die engen Beziehungen der Ägypter zu den Griechen verbreitete sich in der Antike auch die Technik Wasser mithilfe gebogener Parabolspiegel zu erhitzen. Dieses Prinzip machte sich auch Archimedes zu Nutze um eines seiner spektakulärsten Kriegsmaschinerien zu entwerfen. Tatsächlich soll er mithilfe der Strahlenbündelung und zahlreichen Hohlspiegeln angreifende feindliche Schiffe in Brand gesetzt haben. Angeblich wurde bei der Belagerung von Syrakus auf diese Weise eine ganze römische Flotte versenkt. Sie halten die Geschichte für ein Märchen? Weit gefehlt! Das MIT hat 2009 einen Versuch dazu durchgeführt und nachgewiesen, dass die Technik zumindest grundlegend funktioniert.
Der moderne Solarkollektor wird geboren
Seit der Antike scheint sich die Menschheit aber nicht weiter mit dem Thema Solarenergie beschäftigt zu haben. Erst im 18. Jahrhundert wurde vom Schweizer Naturforscher und Botaniker Horace Bénédict de Saussure der erste Sonnenkollektor erfunden. Im Prinzip sprechen wir schon von einem Flachkollektor mit Glasabdeckung, wie wir ihn heute kennen. Und schon damals erreichte er mit seinem Kollektor eine Temperatur von über 80°C. Darüber hinaus benutzte de Saussure das Prinzip der Solarthermie für den Betrieb seiner Gewächshäuser.
So richtig in Fahrt kommt die Solarthermie aber erst Ende des 19. Jahrhunderts in Amerika. Denn Not macht ja bekanntlich erfinderisch. Im Zuge der Industrialisierung und wohl auch der Befreiung der leibeigenen Arbeitskräfte, veränderte sich in den USA zunehmend die Struktur der privaten Haushalte. Statt auf dem Land eine bäuerliche Großfamilie zu gründen, zog es immer mehr Leute der Arbeit wegen in die großen Städte, wo nun städtische Kleinfamilien die Regel waren. Somit blieb der ganze Haushalt bei einer einzigen Person hängen – der Hausfrau. Um diese zu entlasten forderten Frauenrechtlerinnen Unterstützung durch technische Erfindungen. Des Weiteren galt es mittlerweile auch normal sich regelmäßiger der Körperpflege zu widmen. Getreu dem Motto „Mein Körper ist mein Tempel“ wurde für dessen Pflege auch noch ein extra Zimmer eingerichtet.
Die erste patentierte Solarthermie
Mit dem Siegeszug der Bäder, stieg auch der Bedarf an Warmwasser. Um diesen relativ kostengünstig zu decken erarbeite sich 1891 der Metallfabrikant Clarence M. Kemp aus Baltimore das weltweit erste Patent auf die erste voll funktionsfähige Solaranlage. Diese wurde unter dem Namen „Climax Solar Water Heater“ sogar sehr erfolgreich verkauft. Im Prinzip bestand diese aus einem Speicherkollektor, in dem Brauchwasser durch die Kraft der Sonne erhitzt wurde. Stellen Sie sich eine mit Glas abgedeckte Holzkiste vor, in der schwarz lackierte, mit Flitzpapier isolierte und durch Rohrleitungen verbundene Metallbehälter angebracht waren.
Der Climax Solar Water Heater war so erfolgreich, dass Mr. Kemp Lizenzen vergab. So gelangte seine Erfindung nach Kalifornien, wo 1898 der Bauunternehmer und Grundstücksmakler Frank Walker das zweite Patent für seine weiter entwickelte Solaranlage erlangte. Er erweiterte Kemps Erfindung um einen Metallreflektor um den Wasserbehälter, integrierte den Speicherkollektor im Hausdach und kombinierte die Solaranlage mit einer herkömmlichen Heizung. Somit gewährleistete er seinen Kunden Warmwasser auch bei schlechtem Wetter und sogar im Winter.
Niemals still stehen – stets weiterentwickeln
Charles Haskell tauschte die zylinderförmigen Behälter gegen flache rechteckige Metallkästen aus und konnte somit die bisherige Schwachstelle der Solaranlage teilweise beheben. Denn die Vorgängermodelle benötigten eine halbe Ewigkeit um das Brauchwasser zu erhitzen. Durch die größere Oberfläche des Absorbers, konnte die Sonne das Wasser schneller erhitzen als in den Vorgängeranlagen. Zusätzlich waren im Inneren des Absorbers Metallrippen befestigt, welche das Wasser ebenfalls erhitzten. Allerdings konnte der flache Speicher dem Wasserleitungsdruck nicht standhalten, weshalb es oberhalb des Speicherkollektors noch ein zusätzliches Wasserreservoir gab.
William J. Bailey kam dann erstmals auf die Idee Sonnenkollektor und Wasserspeicher voneinander zu trennen und erwarb 1902 das Patent auf seinen „Day and Night Solar Water Heater“. Seine neuartige Konstruktion entsprach im Prinzip dem uns heute bekannten Flachkollektoren. Allerdings zirkulierte hier noch das Brauchwasser zwischen Solarkollektor und Pufferspeicher umher und das vollkommen automatisch. Denn Bailey machte sich den sogenannten Thermosiphoneffekt zu nutze. Dieser sorgt dafür, dass sich das von der Sonne erwärmte Wasser von selbst durch die 1,9 cm starken Kupferrohrleitungen bewegt.
Für die nächste Weiterentwicklung war, wie so oft, Gevatter Zufall der Geburtshelfer. Denn 1913 gab es einen ungewöhnlich kalten Winter, wodurch die Solaranlagen einfroren. Um dies künftig zu verhindern konstruierte William J. Bailey die erste frostsichere Solarthermieanlage für seine Kunden. Wobei er das Brauchwasser einfach durch ein Wasser-Alkohol-Gemisch ersetzte und erstmalig einen geschlossenen Solarkreislauf patentieren ließ. Somit wurde das Brauchwasser fortan im Speicher durch gewundene Solarleitungen erwärmt. Sie können sich diesen ersten Wärmetauscher wie eine Art Tauchsieder vorstellen.
Die Solarthermie verschwindet plötzlich von der Bildfläche
Zwar verlagerte sich in den 20er Jahren das Zentrum der amerikanischen Solaranlagenherstellung nach Florida, allerdings kam diese nach dem 2. Weltkrieg gänzlich zum Erliegen. Ein weiteres Problem stellte die starke Konkurrenz der Gas- und Elektrizitätsgesellschaften her. Damals waren fossile Brennstoffe das Maß aller Dinge: In schier unendlichen Mengen vorhanden, billig zu fördern und lukrativ. Im Gegensatz dazu hatten die solarenergetischen Anlagen weniger Effizienz, waren aufwändig im Aufbau und zudem auch noch recht teuer in der Anschaffung: Kein Wunder also, dass sich da kaum jemand mehr für die Solarthermie interessierte – warum auch?
Fazit – Wenn wir die Frage klären wollen wer die Solarthermie erfunden hat, sind neben Saussure auch die amerikanischen Erfinder und Geschäftsmänner wie Kemp, Walker, und Bailey zu nennen. Allerdings hätten diese niemals den Erfolg ohne den allmählich aufkommenden Bedarf nach Warmwasser gehabt. Ohne den Wandel der Gesellschaft, wäre jeder Gedanke an einen Solar Water Heater weder sinnvoll, erfolgreich noch lukrativ gewesen.
Wie der Phönix aus der Asche: Das Comeback der Solarthermie
Spätestens die Ölkrise von 1973 regte uns zum Umdenken an. Erneuerbare Energien wurden plötzlich interessant. Nicht zuletzt sorgten immer weiter steigende Rohstoffpreise zu einer hektischen Suche nach technischen Alternativen und somit der Verbreitung der Solarthermie. Allerdings scheinen die klugen Köpfe von damals die Patente von 1900 übersehen zu haben und beschlossen die Solarthermie mit all ihren Kinderkrankheiten neu zu erfinden. Vergessen waren die Entwicklungssprünge der amerikanischen Unternehmer. Wodurch die ersten Solaranlagen auf dem europäischen Markt als überteuert, technisch unzuverlässig und ineffizient galten.
Mittlerweile hat sich aber viel getan und die Solarthermie von heute ist technisch ausgereift und ein zuverlässiger Heizpartner für zahlreiche Haushalte geworden. Das findet auch das Bundesamt für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle gut. Diese subventioniert seit Jahren verstärkt diese grüne Energie und die Solarthermie wird seit April 2015 bei uns in Deutschland sogar verstärkt durch Bafa und Co. vom Staat gefördert.
Noch eine interessante Frage zum Schluss: Warum sind moderne Solaranlagen manchmal blau und manchmal schwarz?
Welche Farbe die Sonnenkollektoren haben, richtet sich in erster Linie nach der zugrunde liegenden Technik. Eigentlich müsste man doch meinen, dass schwarze Kollektoren effizienter sind – weil die Farbe die Sonnenstrahlung besser aufnehmen kann. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht.
Tatsächlich ist es so, dass es Solarzellen mittlerweile in sehr vielen verschiedenen Farbtönen zu kaufen gibt. Die Farbe richtet sich danach, welche Kristalle zur Aufnahme der Sonnenenergie verwendet werden. Beispielsweise besitzen hellblaue Kollektoren polykristalline Zellen und schwarze Kollektoren monokristalline Zellen. Es gibt aber auch violette, anthrazitfarbene und sogar grüne Kollektoren.
Zusätzlich ist die Antireflexionsschicht auf der Solarthermie-Anlage dafür verantwortlich, welche Farbe sich zeigt. Diese kann je nach verwendeter Beschichtung gelb, rot, silbern oder sogar lila sein.